Es kann nur zwei geben

Da haben wir einen denkwürdigen Abend durchlebt gestern. Das Motto eines Highlander-Slams ist ja bekanntermaßen „Es kann nur einen geben“ …

Einzigartig in der Historie des Poetry Slams weist ein Highlander-Slam nun zwei Sieger aus. Und das kam so:
Moritz Neumeier brachte es fertig, von Startposition 1 ins Finale zu gelangen, zusammen mit den beiden letzten Startpositionen Tilman Döring und Marvin Ruppert. Die Losfee drehte das Feld um, es ging also Marvin, Tilman, Moritz, Abstimmung.

Nach dem zweiten Abstimmungsdurchgang war klar: Tilman ist einen Tick leiser, wir entscheiden zwischen den anderen beiden, wer den Würzburger Startplatz für den SLAM 2010 erhält. Ja, das wollten wir tatsächlich. Nach einigen Runden Stechen inklusive Zwei-Sekunden-Power-Applaus und Eine-Sekunde-Power-Applaus stand fest: gleich laut. In weiser Voraussicht wurden für exakt diesen Fall die Wertungstafeln bei der siebenköpfigen Jury belassen, deren Aufgabe es nun sein sollte, eine 1 oder eine 2 zu malen und hoch zu heben.

Und nun wechselt die Nacherzählung von sachlicher Beschreibung hin zu mehr Emotion:

Ich hatte ausdrücklich vorher mehrmals erwähnt, dass sich die Jury ihrer gewichtigen Aufgaben sicher sein sollte und ausdrücklich direkt vor dem letzten Abstimmungsdurchgang gesagt „Kommt nicht auf die Idee, eine 1/2 zu zeigen oder so was.“ Und was zeigten sie? Dreimal die 1, dreimal die 2 und eine 12. Eine ZWÖLF! Ich bin ja ein friedliebender Mensch üblicherweise, aber wenn eine Veranstaltung, für die ich die Verantwortung trage, am Ende zu einer Lachnummer ausartet, weil EINE unter 400 ZuschauerInnen glaubt, aus der Reihe tanzen und keine Entscheidung treffen zu müssen, dann gibt mir das ja wohl das Recht, sie von der Bühne herab als inkompetent zu beleidigen und ihr Hausverbot zu erteilen. Das war vielleicht ein bisschen überreagiert, aber ich würde es ohne zu zögern wiederholen. Ohne Regeln macht es keinen Spaß, verdammt!!! Wenn ich mich nicht entscheiden kann, ob ich einen Goldhamster oder ein Lama als Haustier will, dann sollte ich auch in keine Slam-Jury gehen!!!

Die Konsequenzen aus diesem Fehlverhalten:

• Moritz und Marvin haben nun zusammen einen Startplatz, den nur einer nutzen kann. Qualifiziert sich nicht einer der beiden noch für einen anderen Slam, wird es einen Coinflip geben müssen.
• Die Publikumsjury wird abgeschafft. Es lief ganz gut die letzten Jahre, aber wenn bei dem größten je stattgefundenen Slam eine solche Entgleisung geschieht, sehe ich einfach mein Vertrauen in gewisse kognitive Grundfähigkeiten missbraucht. Verarscht euch doch selbst.
• Entscheiden wird in Zukunft eine Fachjury bestehend aus 3 Vertretern der Würzburger Kultur- und Medienszene, die jeweils nach dem Beitrag ihre Kritik äußern. Das Publikum wird nicht mehr in die Veranstaltung mit einbezogen, dient als bewunderndes Klatschvieh im Sinne einer Hochkulturveranstaltung.
• Das habt ihr jetzt davon.
• Ich hab SO nen Hals.

UPDATE: Die Punkte 2 und 3 sind natürlich Quatsch, 4 auch. Und 5 sowieso. Es war ein hervorragender Abend, der bestbesuchte, den wir je im akw oder der Posthalle hatten. Natürlich überwiegt die Freude darüber, dass wir wachsen und alle miteinander ein grandioses Programm geliefert haben, extra erwähnt sei noch einmal Scharri. Schon eine Stunde nach Slamschluss, als wir beim Ausklangbierchen zusammensaßen, wurde nicht mehr über die Finalentscheidung geredet, weil sich das sowieso einrenken wird. Die Situation barg ja auch eine große Komik in sich.